Eine ethische Frage?

Geschrieben von: am 05. Feb 2021 um 17:22

Über Privilegien und Sonderrechte für Geimpfte wird derzeit debattiert. Sogar der Ethikrat ist damit beschäftigt, allerhand Allgemeinplätzchen zu backen und dabei das Wesentliche aus dem Blick zu verlieren. Grundrechte hat jeder. Sie sind die Normalität und nicht die Ausnahme.

Die derzeit geltenden Einschränkungen sind daher stets begründungspflichtig. Es reicht allerdings nicht aus, nur zu sagen, dass die fallenden Zahlen täuschen. Wieso haben die steigenden Zahlen das dann nie getan? Auch eine mögliche Ansteckungsgefahr trotz Impfung oder auch ohne ist nicht ausreichend. Maßgeblich ist die Überlastung des Gesundheitssystems, wie vom Verordnungsgeber angegeben. Und die ist zum Glück nicht eingetreten.

Die Belegungs- und Fallzahlen gehen mittlerweile zurück. Ob nun irgendwelche Mutationen des Virus gefährlich werden können, ist weiterhin unklar. Die bloße Annahme genügt als Begründung nicht, zumal auch in Ländern wie Großbritannien, Irland oder Dänemark die Fallzahlen trotz der verbreiteten Variante dennoch sinken. Die Einschränkungen sind daher zurückzunehmen und durch eine Verpflichtung der Regierung zu ersetzen, das Gesundheitswesen endlich pandemiefest zu ertüchtigen.

Das lehrt übrigens auch das Beispiel Portugal, das nun als Krisenland warnend angeführt wird. So einfach ist es aber nicht. Das Virus hat hier nur leichteres Spiel, da der Gesundheitssektor noch bescheidener aufgestellt ist. Es muss daher eine Ächtung des neoliberalen Politikmodells geben und auf den Fetisch Schwarze Null endlich verzichtet werden. Denn die Vorgaben zur strikten Haushaltsdisziplin haben lediglich zu radikalen Kürzungen in lebenswichtigen Bereichen geführt.

Ist es also ethisch vertretbar, wenn am Ende die Grundrechte nur deshalb eingeschränkt werden, weil sich die Politik weiterhin weigert, von einem fatalen Dogma zu lassen?


Bildnachweis: Screenshot, „Deutscher Ethikrat: Lockerungen für Geimpfte?“ Bundespressekonferenz vom 4. Februar 2021.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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